Die Zinsen steigen: Endet der Immobilienboom in Deutschland?

In einem Gastbeitrag bei extraETF erörtert Mathias Lebtig, geschäftsführender Gesellschafter der Financial Planning GmbH, wie die derzeit steigenden Zinsen für Anlegerinnen und Anleger einzuordnen sind und was das für den deutschen Immobilienmarkt bedeutet.

Tatsache ist, dass die Zinsen zehnjähriger Baufinanzierungen sich in diesem Jahr von unter einem auf bis zu vier Prozent erhöht haben. Kurzfristig hat das Einfluss auf Baufinanzierungen, jedoch ist zu erwarten, dass sich hier ein Gewöhnungseffekt einstellen wird. Denn es ist nicht unüblich, dass der Zins langfristig über der Mietrendite liegt.

Als Kapitalanlage bleibt der Immobilienmarkt in Deutschland weiterhin interessant, denn nach wie vor übersteigt die Nachfrage das Angebot. Nur ist mit weniger attraktiven Renditen zu rechnen. Von einer Immobilienpreisblase kann jedoch unserer Einschätzung nach nicht die Rede sein, auch wenn vermutlich nicht mehr jedes Objekt ein Erfolg sein wird. Das führt Anlegerinnen und Anleger natürlich zu der entscheidenden Frage:

Lohnt es sich noch, eine Immobilie zu kaufen?

Angesichts der dynamischen Entwicklung am Markt ist das durchaus eine berechtigte Frage. Was ist derzeit beim Immobilienkauf und -verkauf zu beachten?

Kurz gesagt: Es lohnt sich weiterhin, Eigentumswohnungen bzw. Mehrfamilienhäuser zu kaufen. Denn auch wenn hier kurzfristig keine großen Renditen zu erwarten sind, ist der deutsche Wohnimmobilienmarkt aufgrund seiner Stabilität langfristig weiterhin interessant. Uninteressanter werden hingegen Einfamilienhäuser und Regionen mit schrumpfender Bevölkerungsentwicklung.

Immer wichtiger wird die Energieeffizienz des Objekts, sanierte Häuser sind hier klar zu bevorzugen. Zentrale Lage und gute Anbindung an den ÖPNV bleiben gute Eigenschaften. Beim Verkauf sollten Sie darauf achten, direkt mit einem realistischen Preis in den Markt zu gehen, denn aufgrund sinkender Umschlagsgeschwindigkeiten im Zeitverlauf Preiszugeständnisse nötig werden können.

Erholt sich der Markt nächstes Jahr?

Derzeit stehen die Zeichen auf Rezession, zumindest für ein paar Quartale. Im Sommer 2023 rechnen wir mit einer Verbesserung der Lage. Die Inflation hingegen wird uns die nächsten Jahre weiter begleiten, auch wenn wir davon ausgehen, dass die Inflationsrate auf einen mittleren einstelligen Wert bis Mitte des Jahrzehnts einpendeln wird.

Vor allem die Baubranche ist hiervon betroffen, da Baustoffe, wie Bauholz, Betonstahlmatten und Metalle, sich verteuern. Im drittel Quartal 2022 stiegen die Produktionskosten für Immobilien hier um ca. 17%. Hinein spielt ebenfalls die Transformation hin zu erneuerbaren Energien, De-Globalisierungseffekte und der anhaltende Fachkräftemangel.

Die Bestandsimmobilie scheint unterm Strich im Vergleich zu Neubauobjekten attraktiver zu werden. Wir rechnen nicht mit einem Preisrückgang, wie noch in den 1990er Jahren, jedoch wird sich nicht mehr jedes Objekt in jeder Lage rechnen. Doch aufgrund der Miet- und Wertsteigerungen, die der deutsche Wohnimmobilienmarkt langfristig bietet, bleiben Immobilien eine stabile Anlageklasse innerhalb einer ausgewogenen Vermögensstruktur.

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