Frauen Finanzen

Frauen haben oft wenig Erfahrung mit Geldangelegenheiten. Gerade im Hinblick auf die Altersvorsorge wäre Expertise wichtig. Warum das so ist und was sie tun können oder sollten, darüber hat Susanne März mit Mathias Lebtig und anderen Fachleuten aus der Umgebung gesprochen:

18 Prozent beträgt der sogenannte Gender Pay Gap. So viel verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt pro Stunde weniger als Männer. Bei gleicher Qualifikation und Position. Dazu kommt: Viele Frauen arbeiten in Teilzeit, weil sie sich neben ihrem Beruf um Kinder oder andere Angehörige kümmern. Oder – Stichwort Unter­nehmerfrau – sie arbeiten im Betrieb ihres Mannes mit, ohne sozialversicherungspflichtig angestellt zu sein. All dies hat Folgen für die finanzielle Lage von Frauen. Das zeigt sich nicht nur auf dem Girokonto, sondern auch bei den Spar- und Anlagemöglichkeiten während des Berufslebens und fürs Alter.
„Altersarmut in Deutschland ist weiblich“, schrieb der Spiegel vor Kurzem in seinem Geld-Beileger. Und er meinte damit nicht in erster Linie die Frauen, die bereits in Rente sind, sondern die, die noch im Arbeitsleben stehen und denen eine größere Rentenlücke als den Männern droht. Wegen des demografischen Wandels reicht in Zukunft das deutsche Vorsorgesystem bezie­hungsweise die Zahl der Beitragszahler nicht aus, um die immer größere Zahl der älteren Menschen mit einer auskömmlichen Rente zu versorgen. Davon betrof­fen sind alle Menschen, aber Frauen ungleich mehr als Männer.

Erstens wegen des Gehaltsunterschieds. Zweitens wegen der Lebensarbeitszeit: ,,Ein Mann arbeitet im Durch­schnitt 37 Jahre, eine Frau im Durchschnitt 26 Jahre“, sagt Fabian Blank, der in Lörrach mit seinem acht­köpfigen Team eine Ergo-Versicherungsagentur betreibt, die neben Versicherungen aller Art auch Altersvorsorge zu ihren Schwerpunkten zählt. Teilzeit und Care-Arbeit sind die Gründe für den Unterschied. Das Problem ist laut Blank, dass wegen des Gender Pay Gaps auch eine Vollzeit berufstätige, kinderlose Frau mit derselben Zahl an Berufsjahren wie ein Mann ein Fünftel weniger in die Rentenkasse einzahlt. Eine Frau, die nach der Elternzeit Teilzeit wiedereinsteigt, zahlt noch einmal weniger ein. Sie muss also entsprechend noch mehr privat vorsorgen.
Eine positive Nachricht hat Fabian Blank: ,,Die Frauen kennen ihre Rentenlücken und den Vorsorgebedarf.“ Im Gegensatz zu den Männern, so seine Erfahrung, würden Frauen eher von sich aus ihre eigene Absicherung sowie jene der Kinder und den Krankheits- oder Todesfall des Mannes ansprechen. Ein Thema, mit dem sich seiner Erfahrung nach Männer häufig nur ungern auseinander­setzen – frei nach dem Motto: Mir passiert schon nichts. ,,Frauen sind sicherheitsbewusster und dabei viel abge­klärter und rationaler“, berichtet er.
Während die kinderlose, Vollzeit erwerbstätige Frau in der Regel über genügend Geld verfügt, selbst fürs Alter vorzusorgen, nimmt Blank bei verheirateten Paaren mit Kindern auch den Mann in die Pflicht. Anders als früher führt er die Gespräche über die Art der Vorsorge und die passenden Produkte mit Mann und Frau gemeinsam.

Und noch etwas hat sich geändert: ,,Die junge Generation befasst sich heute früher mit ihrer Zukunft“, sagt Fabian Blank. ,,Mit Abschluss der Ausbildung oder des Studiums wird begonnen vorzusorgen, sofern es die wirtschaft­lichen Mittel möglich machen.“ Das sei auch sinnvoll, schließlich sei so länger Zeit, Geld fürs Alter anzusparen und auch verschiedene Anlagemöglichkeiten zu mischen.

Wenn die Erfahrung und das Wissen fehlen

Wer bereits über Geld verfügt, das er oder sie anlegen möchte, aber nicht weiß wie, sucht sich Rat bei einer Bank oder unabhängigen Anbietern. Zu Letzteren zählt Financial Planning Freiburg. Das Unternehmen um die Geschäftsführer Mathias Lebtig und Jürgen Schwab hat sich auf Finanzplanung und Vermögensverwaltung unter anderem von Frauen spezialisiert. Eines haben die meisten Kundinnen, die sich an Financial Planning Freiburg wenden, gemeinsam: ,,Ihnen fehlen häufig die Erfahrung und die Kenntnisse bei der Geldanlage“, sagt Lebtig. Daher fühlten sie sich in Beratungsgesprächen bei Banken oft nicht auf Augenhöhe.

„Die Frauen kennen ihre Rentenlücken und den Vorsorgebedarf.“

Fabian Blank, Ergo-Versicherung Lörrach

Die Kundinnen des Unternehmens lassen sich grob in zwei Gruppen aufteilen: Die einen, meist zwischen 50 und Mitte 60, haben eine größere Summe Geld geerbt oder im Zuge einer Scheidung erhalten und wollen diese nun anlegen. Die anderen, viel arbeitende, karriere­orientierte Frauen in guten Positionen etwa ab Anfang 30, verdienen genug, um etwas zur Seite legen und ein Vermögen aufbauen zu können.

Zuerst zu den in Teilzeit arbeitenden (Unternehmer-) Frauen, ob mit oder ohne Kinder: Nach wie vor machen sich laut Lebtig die meisten zu wenig oder keine Ge­danken über ihre finanzielle Situation, egal in welchem Güterstand sie mit dem Ehemann leben. Sie fühlen sich von ihm abgesichert – und der Mann beziehungsweise sein Berater handelt in Finanzdingen im Sinne der ganzen Familie. Was kein Problem ist, solange die Bezie­hung gut läuft, aber eines wird, wenn die Ehe scheitert. Was etwa in einem Drittel aller Fälle passiert. Daher empfiehlt Lebtig allen Paaren: ,,Das Vermögen der Frau sollte immer auch losgelöst vom Vermögen und vom Berater des Mannes betrachtet werden.“ Seiner Erfahrung nach nimmt die Gruppe der Frauen zu, die höher qualifiziert ist und ihr eigenes Business macht – oder im Unternehmen des Mannes in gleicher Position und mit guter Bezahlung mitarbeitet. ,,Ihr gro­ßer Vorteil ist, dass sie die Möglichkeit des monatlichen Sparens über längere Zeit hat“, sagt Lebtig. ,,Außerdem darf sie sich bewusst machen, dass ihre Qualifikation und Ausbildung, ihr Human Capital, einen eigenen Ver­mögenswert darstellt.“ Diese Frauen seien sowieso meist gut informiert.

Vorliebe für nachhaltige Geldanlagen

Aber legen Frauen ihr Geld anders an als Männer? ,,Nach­haltigkeit ist bei den Frauen als Anlageziel präsenter“, berichtet Lebtig. ,,Und sie denken eher längerfristig und sind weniger spekulativ als Männer.“ Bevor sie sich für eine monatliche Summe entscheiden, empfiehlt Lebtig, eine Vermögensbilanz zu erstellen und dafür auch Ein­nahmen und Ausgaben sowie Verbindlichkeiten aufzu­listen. Egal, um welche Anlageform und monatliche Summe es geht, klären Lebtig und seine Mitarbeitenden zuerst die Frage nach der Immobilie. Also ob die Kundinnen zu Miete wohnen, sich eine eigene Immobilie wünschen, ob als Eigenheim oder Geldanlage. Und anders als bei den Männern fragen sie vor allem jüngere Frauen auch nach der Familienplanung, ob also in den nächsten fünf bis zehn Jahren mit einem ähnlichen monatlichen Ein­kommen gerechnet werden kann. ,,Das ist nach wie vor der große Unterschied zu den Männern, bei denen die Familienfrage meist keine beziehungsweise nur geringe Einschränkungen für die Geldanlage zur Folge hat.“

Und noch etwas ist laut Lebtig wichtig, wenn es um die Art der Finanzanlage geht: ,,Die Prägung aus dem Eltern­haus spielt oft eine entscheidende Rolle.“ Das bedeutet, wie viel Geld vorhanden war, wie damit umgegangen wurde und ob darüber gesprochen wurde.

„Das Vermögen der Frau sollte immer auch losge­löst vom Vermögen und vom Berater des Mannes betrachtet werden.“

Mathias Lebtig, Financial Planning Freiburg

Die Prägung aus dem Elternhaus

An diesem Punkt setzt die unabhängige Geldberaterin und Anlagenvermittlerin Cornelia Bertsch an, die in Freiburg ihr Einzelunternehmen „Frauen und Finanzen“ betreibt und in ihrer „Geldschule“ auch Seminare anbie­tet. Sie verwendet den Begriff Geldgefühle. ,,Geldgefühle sind absolut individuell, entstehen in der Kindheit und sind oft mit Ängsten verbunden“, sagt Bertsch. Und sie prägen den Umgang mit Geld – angefangen damit, ob und in welcher Höhe man beim Mitarbeiteringe­spräch mehr Gehalt fordert bis hin zur Wahl der Anlage­möglichkeit und dem Umgang mit Schulden. Immer wieder erlebt Bertsch, die neben Frauen auch Familien und Ehepaare berät, dass es der Frau nicht wohl mit der Anlage ist, für die sich der Mann entschieden hat. Dass sie Angst davor hat, Schulden zu machen, er aber nicht. Meist kennt allerdings keiner die Sichtweise des anderen. ,,Das Problem ist: Über Geld wird häufig nicht offen gesprochen. Deshalb kennen sich viele Frauen mit Geld nicht aus. Das klingt klischeehaft, ist aber so“, sagt Cornelia Bertsch.

,,Das Problem ist: Über Geld wird häufig nicht offen gesprochen. Deshalb kennen sich viele Frauen mit Geld nicht aus. Das klingt klischeehaft, ist aber so.“

Cornelia Bertsch, Frauen und Finanzen, Freiburg

Daher klärt sie mit einer Kundin zu Beginn einer Bera­tung als erstes deren „Geldgefühle“. Erst dann nimmt sie mit ihr gemeinsam den Umgang mit Geld unter die Lupe. Neben dem Verhalten in Gehaltsverhandlungen zählen dazu auch das Ermitteln des Wochenbedarfs und das Erfassen der Einnahmen und Ausgaben. Über diese hätten viele Frauen gar keinen Überblick, berichtet sie. Dies sei im Fall einer Scheidung häufig fatal, wenn sich Frauen mit Beträgen zufriedengeben, ohne zu wissen, ob die für sie ausreichend seien, geschweige denn, was ihnen qua Gesetz zusteht. Generell würden sie viel zu oft den Männern die Finanzen überlassen. Ein wichtiger Punkt seien bei Ehepaaren zudem Kontenmodelle. Heißt, ob die Gehälter komplett auf ein gemeinsames Konto fließen oder jeder von seinem Geld einen Teil aufs Gemeinschaftskonto überweist. Oft fehle den Frauen der Überblick über das (gemeinsame) Vermögen.

Ordnung und Struktur in den Unterlagen

Das gelte auch für alleinlebende Top-Verdienerinnen, die ihr immer wieder sagen würden, sie hätten nicht die Zeit, sich um die Geldangelegenheiten zu kümmern. Etwas, was Cornelia Bertsch nicht gelten lässt. Ein bis zwei Stunden Zeit im Monat, so ihr Credo, solle man sich auf jeden Fall nehmen. Ordnung und Struktur in die Unterlagen, in bestehende Verträge und Konten zu bringen, ist für die Expertin essenziell. Zum Geldwissen, dem letzten ihrer drei Schritte in der Beratung, zählt für sie auch das Wissen um den Bedarf im Alter, bei dem natürlich auch die Inflation mit ein­gerechnet werden muss. Und erst wenn sie auch den Unterschied zwischen Geld- und Sachwert geklärt hat, geht es schließlich um die Geldanlagemöglichkeiten und die Arten der Vorsorge beziehungsweise Absicherung. Cornelia Bertsch stellt ihren meist vermögenden Kun­dinnen den Stundensatz in Rechnung oder verdient über die Provision der vermittelten Produkte – meist zeigt sie den Frauen beide Beträge und lässt sie wählen. Schließ­lich geht es ihr um Transparenz bei Finanzen, auch bei den eigenen. Ihr Ziel: ,,Ich möchte allen Frauen eine Geld­kompetenz vermitteln, auch denen, die nicht komplett im Unternehmen des Mannes mitarbeiten und die Kinder versorgen. Schließlich sind sie oft voll in der Haftung.“