FP-Anlageausschuss-Report zum 3. Quartal 2022
Nach dem ersten Schock auf den völlig überraschenden Angriff Russlands auf die Ukraine, sind wir alle in einer neuen Realität angekommen. Die Hoffnungen auf ein schnelles Kriegsende und einen Waffenstillstand sind aktuell leider zum Erliegen gekommen. Vielmehr sehen wir die freiheitliche Welt in einem Umbruch und die vielfältigen Auswirkungen dieses Konflikts, neben dem menschlichen Leid in der Ukraine, auf Politik, Gesellschaft und die Wirtschaft.
Die Kapital- und Finanzmärkte konnten sich in diesem Quartal leider zu keiner Zeit von einer positiven Seite zeigen. Es gab nur sehr kurze Erholungstendenzen, die aber sehr schnell wieder beendet wurden. Zudem haben sich leider fast alle Anlageklassen in diesem Quartal negativ entwickelt. Der Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise hat zu stark steigenden Inflationsraten geführt. So liegt die Inflationsrate in Deutschland bei aktuell 7,9 % und in den USA bei 8,6 %.
Dieser starke Inflationsanstieg war so nicht erwartet worden, noch zu Beginn des Jahres ging man davon aus, dass die Inflation eher temporär sein könnte. Auch die Hoffnung in den USA, dass der Höhepunkt der Inflationsraten bereits hinter uns liegt, hat sich leider nicht bewahrheitet.
Dieser Inflationsanstieg hat dazu geführt, dass die US-Notenbank FED die kurzfristigen Zinsen im Juni zum dritten Mal in diesem Jahr erhöht hat, dieses Mal sogar um 0,75 %. Dieser Zinsschritt war in der Deutlichkeit vor ein paar Wochen noch nicht zu erkennen. Zudem hat die europäische Zentralbank EZB angekündigt, ihr Anleihekaufprogramm zu beenden, mit dem sie Anleihen von über 3,4 Billionen gekauft hat. Ergänzend sollen die Zinsen in der EZB- Sitzung am 21. Juli erstmals seit 2011, in einem ersten Schritt um 0,25 % erhöht werden. Überraschenderweise hat auch die Schweizer Notenbank die Zinsen erhöht. Dies alles hat zu einem historischen Anstieg der langfristigen Zinsen und einem entsprechend gegensätzlichen Verlauf der Anleihekurse geführt. So haben sich die Zinsen in Deutschland in diesem Quartal fast verdreifacht! Der Anstieg bei 10-jährigen Staatsanleihen erfolgte von 0,7 %, auf in der Spitze fast 2 %, am Jahresanfang lagen diese Zinssätze noch bei -0,4 %.
Damit dürfte der Inflationstrend der entscheidende Faktor an den Kapitalmärkten bleiben, da dieser den weiteren Zinserhöhungspfad der Notenbanken weltweit bestimmt. Aktuell besteht die Sorge, dass zu starke Zinserhöhungen die sensible konjunkturelle weltweite Situation gefährden und es zu einer Rezession kommen könnte. Entsprechend sind Aussagen und Prognosen aktuell mit Unsicherheit behaftet. Derzeit geht die OECD aber noch von einem Weltwirtschaftswachstum für 2022 von 3 % aus.
Der Gesamttrend an den Finanzmärkten ist in diesem Jahr weiterhin negativ. Der Angst-Indikator und die Stimmung der privaten und der professionellen Anleger hat einen negativen Höhepunkt seit Aufzeichnung der Daten erreicht. Auch wenn der genaue Zeitpunkt noch nicht prognostizierbar ist, erwarten wir aufgrund dieser Kontraindikatoren eine Marktberuhigung und raten zu Besonnenheit und langfristiger Zuversicht. Die aktuellen Rahmendaten sind in den Kursen bereits enthalten und eine Rezession ist ebenfalls bereits ein gutes Stück eingepreist. Die weltweit nach wie vor hohe Liquidität sucht früher oder später wieder nach sinnvollen Anlagemöglichkeiten im anhaltend hohen Inflationsumfeld.
Aktienmärkte
Die internationalen Aktienmärkte haben ein wiederum sehr schwaches Quartal absolviert. Erholungstendenzen wurden im Keim erstickt und die Schwankungsintensität (Volatilität) war sehr hoch. Die Märkte haben seit Jahresbeginn in Deutschland ca. 20 % und an den US-Technologiemärkten sogar ca. 30 % abgegeben. Kurzfristig bleiben wir weiterhin vorsichtig, da es zu Korrekturen bei den Unternehmensgewinnen kommen wird. Mittelfristig sind wir, unterstützt durch anhaltend unattraktive Realzinsen, vernünftige bzw. inzwischen teilweise sogar bereits günstige Aktienbewertungen und einer weltwirtschaftlichen Erholung, zuversichtlich.
Anleihemärkte
Die höheren Inflationsraten haben zu einem deutlichen Zinsanstieg weltweit geführt. Viele Notenbanken haben die Zinsen bereits erhöht und weitere Maßnahmen bzw. Zinserhöhungen angekündigt. Die starken Zinsanstiege haben dazu geführt, dass z.B. deutsche 10-jährige Staatsanleihen seit Jahresanfang starke Kursrückgänge von fast 20 % hinnehmen mussten! Die EZB hat sich aufgrund dieses Anstiegs der Zinsen bereits zu einer Notfallsitzung getroffen, um Lösungsmöglichkeiten gerade für die hochverschuldeten Staaten in der Euro-Zone zu diskutieren.
US-Dollar
Die amerikanische Leitwährung war in diesem Jahr weiterhin sehr stark gegenüber fast allen Währungen. Der US-Dollar hat in diesem Quartal wiederum ca. 5 % gegenüber dem €uro dazu gewonnen und verzeichnet seit Jahresanfang somit einen Zuwachs von fast 8 %.
Gold
Das Edelmetall Gold in €uro konnte in dem schwierigen Umfeld um ca. 8 % zulegen. Gerade in Krisenzeiten halten wir die Beimischung von Gold als sinnvoll und wichtig. In vergangenen Perioden steigender Inflationsraten, hat sich der Goldpreis im Nachgang oft ebenso positiv entwickelt.
Stand: 21.06.2022