FP-Anlageausschuss-Report zum 1. Quartal 2023
Das Jahr 2022 wird leider sicher prominent in alle Geschichtsbücher eingehen. Nach dem überraschenden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine kam es in vielen Bereichen unseres Lebens zu einer vielzitierten Zeitenwende! Die Kapital- und Finanzmärkte, die zu Beginn noch sehr optimistisch ins neue Jahr gestartet sind und neue Rekorde ausgebildet hatten, sind ab dem Februar gefallen und konnten sich noch nicht nachhaltig stabilisieren. Historisch einmalig war auch, dass nahezu alle Anlageklassen 2022 im Wert gefallen sind und auch die Streuung der Vermögenswerte den Negativtrend nicht stoppen konnte.
Der Ukraine-Krieg hat dazu geführt, dass die Preise, insbesondere für Energie, stark gestiegen sind und die Inflationsraten in Europa ca. 10 % betragen. Dieser Inflationsanstieg hat die Notenbanken weltweit zu notwendigen Zinserhöhungen bewegt. Die US-Notenbank FED hat in diesem Jahr die Zinsen 7-mal auf 4,5 % erhöht. Die Erwartung am Jahresanfang lag noch bei einem Zinssatz von ca. 1,5 % und 3 Zinsschritten. Zudem sind die aktuellen Zinsprognosen für das Jahr 2023 weiter bis auf ca. 5 % gestiegen und man erwartet sinkende Zinsen erst ab dem Jahr 2024. Die europäische Zentralbank EZB hat den Leitzins ebenfalls stark auf nun 2,5 % angehoben und in der letzten Notenbanksitzung verbal nochmals versucht deutlich zu machen, dass mit weiteren Zinsanhebungen im neuen Jahr zu rechnen ist. Somit dürfte der Inflationstrend, neben den geopolitischen Entwicklungen, der entscheidende Faktor für 2023 an den Kapitalmärkten bleiben, da die Notenbanken die Inflationsbekämpfung momentan als oberste Priorität ansehen. Aktuell ist zu erkennen, dass in den USA die Inflationsraten deutlich auf 7,1 % gefallen sind und auch die Frühindikatoren Entspannungssignale senden. In Europa bzw. Deutschland kann diese Entwicklung aus unserer Sicht noch einige Monate länger dauern.
Entscheidend für die Kapitalanlagen wird es auch sein, wie sich neben den Zins- und Inflationsdaten die Konjunktur entwickelt. Aktuell ist die Wirtschaftslage besser als die Stimmung. Für das neue Jahr wird von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein Weltwirtschaftswachstum von 2,2 % erwartet und in Deutschland von + 0,3 %. Ein wichtiger Taktgeber für das Weltwirtschaftswachstum wird die Entwicklung in China sein. Nach der Abkehr von der sogenannten „Null Covid Strategie“ könnte hier durchaus Überraschungspotenzial bestehen. In Europa werden der Fortgang des Ukraine-Kriegs und die Sicherheit der Energieversorgung Hauptthemen bleiben.
Aktienmärkte
Die internationalen Aktienmärkte haben sich im Oktober deutlich stabilisiert und einige technische Indikatoren liefern Besserungssignale für die Zukunft. Die Aussagen der Notenbanken, insbesondere der EZB, sehr deutlich weitere signifikante Zinssteigerungen zu erwarten, haben die Kursgewinne wieder weitestgehend reduziert. Dieser Trend konnte in diesem Jahr bereits zu den vorhergehenden Quartalsenden beobachtet werden. Die monetären Aussichten für das kommende Jahr 2023 sind aufgrund des Zinserhöhungszyklus der Notenbanken dämpfend. Kurzfristig bleiben wir weiterhin vorsichtig, da es zu Korrekturen bei den Unternehmensgewinnen kommen wird. Mittel- bis langfristig sind wir aufgrund des erreichten Bewertungsniveaus und auch des Inflationsschutzes von Aktien optimistisch gestimmt. Wir sehen 2023 als Stabilisierungsjahr an den Börsen. Bei positiven Überraschungen, die dieses Jahr leider ausblieben, z.B. aus China, der Ukraine oder bei Inflationsrückgängen, könnte die Entwicklung auch durchaus erfreulich werden. Wir bleiben realistisch und wachsam, aber auch zuversichtlich und hoffen auf ein gutes Aktienjahr 2023.
Anleihemärkte
Die weltweit weiterhin sehr hohen Inflationsraten haben zu einem historischen Zinsanstieg im Jahr 2022 geführt. So sind z.B. die 10-jährigen deutschen Staatsanleihen von einer Negativverzinsung zu Jahresbeginn (- 0,2%) auf bis ca. 2,5 % Mitte Oktober gestiegen. Dies war der stärkste prozentuale Zinsanstieg in den letzten Jahrzehnten, was zu deutlichen Kursverlusten an den Rentenmärkten geführt hat. In der Folgezeit sind die Zinsen erstmal gefallen, um nach den Aussagen der Notenbanken vom Dezember wieder auf ca. 2,2 % anzusteigen. Für das neue Jahr wird die Entwicklung der Inflationsraten und die daraus resultierenden Notenbankentscheidungen wichtig sein. Wir erwarten, dass die Zinsen noch etwas steigen können, aber aufgrund der fallenden Inflationsraten in den USA und den hohen Schuldenquoten, der Zinshöhepunkt bald erreicht sein könnte.
US-Dollar
Die amerikanische Leitwährung war in diesem Jahr als „Fluchtwährung“ und aufgrund des höheren Zinsniveaus, sehr stark gegenüber fast allen Währungen. Nachdem der US-Dollar im Jahresverlauf um über 13 % zugelegt hatte, gab er im 4. Quartal, aufgrund der sich ändernden Inflationserwartung, deutlich ab und liegt aktuell mit ca. 7 % seit Jahresbeginn im Plus.
Gold
Das Edelmetall Gold war in diesem schwierigen Umfeld in Euro betrachtet, nahezu die einzige positive Anlagemöglichkeit und konnte ca. 5 % zulegen. Sowohl mittel- als auch langfristig sind wir von der Anlageklasse, auch gerade hinsichtlich des Inflations- und Krisenschutzes, positiv gestimmt.
Stand: 15.12.2022