Warum Immobilieninvestments immer anspruchsvoller werden

Das Umfeld für Wohnimmobilien ist zwar weiter positiv. Doch gibt es andere Faktoren, die für Immobilieninvestoren zunehmend wichtiger werden – zum Beispiel das Szenario steigender Zinsen.

Wohnimmobilien konnte die Pandemie wenig anhaben. Laut dem Finanzstabilitätsbericht 2021 der Bundesbank verteuerten sie sich in 2020, trotz der Corona-Krise, insgesamt um 6,7 Prozent im Schnitt. Das lag nur wenig unter dem Zuwachs von 2019 mit sieben Prozent. Allerdings, warnt die Bundesbank auch, hätten die Preisübertreibungen tendenziell zugenommen. Sie liegen demnach zwischen zehn und 30 Prozent hierzulande. Der Global Real Estate Bubble Index der UBS weist gar darauf hin, dass Frankfurt am Main und München zu den Städten mit dem höchsten Blasenrisiko weltweit zählen.

Ist 2022 ein Einbruch am Wohnimmobilienmarkt hierzulande zu befürchten?

„Sollten die Zinsen, aufgrund einer anhaltend hohen Inflation, stärker steigen als erwartet, dann dürfte das bei manchen Immobilieninvestoren die Finanzierung in Frage stellen und das könnte zu sinkenden Preisen bei Wohnimmobilien führen“, erklärt Mathias Lebtig von FP Asset Management in Freiburg. Sein Hauptszenario ist das aber nicht. „Bauland ist weiter knapp und die Genehmigungsverfahren dauern lange, weshalb das Angebot an Wohnraum weiter begrenzt ist.“

„Gleichzeitig wird die Nachfrage nach Sachwerten aufgrund der anhaltende Niedrigzinsen hoch bleiben“, sagt Ingo Schweitzer von AnCeKa Vermögensbetreuung in Kaufbeuren. Er geht aus diesem Grund auch nicht von einem Einbruch am Markt aus. „Allerdings dürfte sich die Dynamik der vergangenen Jahre nicht weiter fortsetzen.“

Auf was gilt es beim Immobilienerwerb zu achten?

„Anders als in den vergangenen Jahren ist es aktuell nicht mehr so einfach, mit einer Immobilie Geld zu verdienen“, macht Lebtig klar. „Da die Mietrendite nur noch bei einem bis drei Prozent im Schnitt liegt, ist der Puffer, falls die Zinsen steigen, nicht mehr groß.“ Ingo Schweitzer hält Wohnimmobilien für Investoren, die damit eine Rendite erzielen wollen, gar für unattraktiv. „Angesichts der aktuellen Inflationsrate und weil höhere Mieten kaum durchsetzbar sind, rate ich davon eher ab“, sagt er. Lediglich zur Eigennutzung käme ein Immobilieninvestment noch in Betracht.

„Außerdem dürfen Sie die zunehmende politische Einflussnahme auf den Immobilienmarkt, wozu die Wohnungsbaupläne der neuen Bundesregierung oder die zunehmend strengeren Auflagen zählen, nicht vergessen“, sagt Lebtig. Darauf verweist auch Schweitzer: „Wer heute in eine Immobilie investiert, und das gilt besonders für Altbauten, muss die energetischen Auflagen berücksichtigen, da dies zum Kaufpreis dazu kommt“, sagt er. „Und es gilt auf die Lage zu achten“, ergänzt Lebtig. „Denn dort, wo wir hohe Preise haben, dürfte auch die Dynamik stärker nachlassen.“ Insbesondere die Wohnimmobilie als Kapitalanlage ist deshalb anspruchsvoller geworden.

Welche Entwicklungen sind bei Gewerbeimmobilien zu erwarten?

„Trends wie Homeoffice oder Onlineshopping, die durch Corona verstärkt wurden, beeinflussen die einzelnen Teilmärkte“, warnt Schweitzer. „So werden wohl nicht mehr so viele Büros benötigt wie bisher.“ Lebtig rechnet damit, dass sich die Anforderungen in diesem Bereich verändern. „Wir sehen zum Beispiel mehr Nachfrage nach Neubauten, die den Anforderungen an die Energieeffizienz genügen, dagegen geht die Nachfrage nach Altbauten eher zurück“, erläutert er.

Soweit es Büroimmobilien betrifft, gehen die Experten insgesamt von einer Stagnation aus, wobei viel von der Lage und der Ausstattung abhängt. Problematisch könnte es dagegen für den innerstädtischen Einzelhandel werden. „Da der Umsatz dort durch den zunehmenden Online-Handel zurückgeht, drohen hier sinkende Preise“, sagt Schweitzer. Dagegen zählen industriell ausgerichtete Gewerbeimmobilien sowie Logistik- und Nahversorgungszentren eher zu den Gewinnern.

Fazit: Wer am Immobilienmarkt derzeit investiert muss genau hinsehen. So verändern die durch Corona verstärkten Trends und die Anforderungen durch energetische Auflagen den Markt. Damit kommen zu den zum Teil schon recht hohen Preisen neue Herausforderungen und Risiken wie die unsichere Zinsentwicklung hinzu.

 
 

Interview

„Der Fokus der Politik wird bei der Eigennutzung liegen“

Die neue Bundesregierung will künftig jedes Jahr etwa 400.000 Wohnungen pro Jahr bauen. Welche Folgen das für den Immobilienmarkt haben kann, erläutert Mathias Lebtig, FP Asset Management.

DHZ: Herr Lebtig, müssen wir mit mehr politischer Einflussnahme am Immobilienmarkt rechnen?

Mathias Lebtig: Noch nicht in 2022, aber danach werden die Impulse des Koalitionsvertrages am Markt zu spüren sein. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die neue Regierung die Eigennutzung von Wohneigentum vorantreiben will, gleichzeitig aber Immobilienanlagen zur Renditeerzielung erschweren wird.

Was könnten konkret die Folgen sein?

Beim Eigennutz von Immobilien halte ich die Senkung der Grunderwerbssteuer oder die Schaffung von Fördertöpfen für denkbar. Das sollte auf den Wohnimmobilienmarkt stimulierend wirken. Dagegen dürfte die Beschränkung von Immobilieninvestments als Kapitalanlage in die andere Richtung wirken. Hier ist denkbar, dass die Spekulationsfrist, bislang sind Gewinne nach zehn Jahren steuerfrei, verkürzt oder abgeschafft wird, oder dass wir eine strengere Deckelung bei den Mieten bekommen. Wer jetzt in eine Wohnung oder ein Haus investiert, das er vermieten möchte, sollte das bedenken. Dazu kommen energetische Auflagen.

Was gilt es hier zu berücksichtigen?

Diese gilt es sowohl bei der selbst genutzten wie auch bei der vermieteten Immobilie. Denn dies wird künftig zu zusätzlichen Investitionen und Kosten für den Immobilieninvestor führen und macht den Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses weniger attraktiv.  

 

Dieser Beitrag wurde von Gerd Hübner geschrieben und in der Deutschen Handwerkszeitung veröffentlicht. Wir durften ihn freundlicherweise hier mit Ihnen teilen!