FP-Anlageausschuss-Report zum 4. Quartal 2022

Die Kapital- und Finanzmärkte haben nach dem sehr herausfordernden ersten Halbjahr 2022, im Sommer leichten Optimismus aufkommen lassen. Es herrschte die Erwartung, dass die US-Inflationsrate ihren Höchststand überschritten hat und die US-Notenbank FED eine Zinserhöhungspause macht und im nächsten Jahr die Zinsen wieder senken könnte. Die US-Inflationsrate fiel auch um 0,2 % auf 8,3 %, da aber die Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) entgegen der Vorhersagen um 0,6 % gegenüber dem Vormonat auf 6,3 % anstieg, gingen die Finanzmärkte ab Mitte September wieder in einen starken Korrekturmodus über. So hat z.B. der Deutsche Aktienindex DAX seit seinem Hoch im Januar dieses Jahres, über 4.000 Punke bzw. 26 % abgegeben.

Dieser Inflationsanstieg hat dazu geführt, dass die US-Notenbank FED die kurzfristigen Zinsen Ende September, zum fünften Mal dieses Jahr, um 0,75 % auf nun 3,25 % erhöht hat. Zudem wurden die Zinsprognosen weiter angehoben, so dass man nun am Jahresende von Leitzinsen bei 4,4 % ausgeht, Anfang 2022 lag die Prognose noch bei etwas über 3 %. Ergänzend wurde die Erwartung an sinkende Zinsen auf das Jahr 2024 verschoben.

Die europäische Zentralbank EZB hat den Leitzins auch so stark angehoben, wie noch nie seit Einführung des Euros und zwar um 0,75 % auf nun 1,25 %. Weltweit sind ca. 80 % aller Notenbank dabei, die Leitzinsen zu erhöhen. Somit dürfte weiterhin der Inflationstrend der entscheidende Faktor an den Kapitalmärkten bleiben, da die Notenbanken die Inflationsbekämpfung momentan als oberste Priorität ansehen. Entgegen der bisherigen Vorgehensweise wird dabei sogar eine Rezession in Kauf genommen. In Europa ist in den nächsten Monaten noch mit steigenden Inflationsraten in Richtung zweistelligem Trend zu rechnen. In den USA hat man voraussichtlich den Zinshöhepunkt bereits gesehen.

Nach wie vor besteht die Sorge, dass zu stark steigende Zinsen die Konjunktur noch weiter einbremsen könnten, was zu einem Anstieg der Rezessionswahrscheinlichkeit für 2023 führt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet in diesem Jahr noch ein Weltwirtschaftswachstum von 3 % und in 2023 von 2,2 %. Für Deutschland rechnet die OECD in 2022 mit einem Wachstum von 1,2 % und in 2023 mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung (Rezession) um 0,7 %. Beide Prognosen liegen deutlich unter den noch im Juni erwarteten Zahlen. Dies unterstreicht den aktuellen Trend, dass aufgrund der schwierigen Gemengelage, nahezu täglich die Wachstums-raten nach unten und die Inflationsdaten nach oben angepasst werden.

Die Stimmungslage an den Finanzmärkten kann weiterhin als sensibel bezeichnet werden. Positive Nachrichten, wie gute Quartalsbilanzen von Unternehmen die teilweise besser aufgestellt sind als in der Vergangenheit und das vorhandene Wirtschaftswachstum in diesem Jahr, werden überlagert durch Zukunftssorgen: Eine Rezession, steigende Inflations-daten und Zinsraten, sowie die Unsicherheit der Energieversorgung und eine Eskalation des Ukraine-Kriegs. Interessant wird sein, ob eine Gaspreisbremse in Deutschland die Verunsicherung entspannen könnte.

Aktienmärkte
Die internationalen Aktienmärkte haben in diesem Quartal eine Berg- und Talfahrt erlebt. Den skizzierten Hoffnungen auf einen Rückgang der Inflationsraten folgte die Überraschung, dass die Teuerung doch fester verankert erscheint. Die Börsen haben somit den Trend seit Jahresbeginn fortgesetzt. Kurzfristig bleiben wir aufgrund der erwarteten Korrekturen bei den Unternehmensgewinnen weiterhin vorsichtig. Mittel- und langfristig sind wir aufgrund der erreichten Bewertungsniveaus und aufgrund des Inflationsschutzes von Aktien (so hat z.B. im Hochinflationsland Türkei die Börse in diesem Jahr über 50 % zugelegt) positiv gestimmt. Die langfristige Erfahrung zeigt, dass ein Durchhalten am Aktienmarkt entlohnt wird.

Anleihemärkte
Die weiterhin hohen Inflationsraten haben weltweit zu einem deutlichen Zinsanstieg geführt. In diesem Quartal kam es an den Zinsmärkten zu sehr starken Bewegungen, wie sie normalerweise von Rentenpapieren nicht zu erwarten sind. So sind die 10-jährigen deutschen Staatsanleihen von ca. 2 % im Juni 2022, auf 0,7 % im August gefallen, um sich dann im Anschluss per Ende September auf neue Mehrjahreshochs von 2,2 % vorzuarbeiten.

US-Dollar
Die amerikanische Leitwährung war in diesem Jahr als „Fluchtwährung“ und aufgrund des höheren Zinsniveaus, weiterhin sehr stark gegenüber fast allen anderen Währungen. In diesem Quartal hat der US-Dollar schon wieder fast 5 % gegenüber dem €uro dazu gewonnen und damit seit Jahresanfang um über 13 % gegenüber dem €uro zugelegt. An dieser Entwicklung zeigt sich auch die unterschiedliche Betroffenheit der verschiedenen Wirtschaftsräume durch den Ukraine-Krieg.

Gold
Das Edelmetall Gold konnte auf Eurobasis in diesem schwierigen Umfeld seit Jahresanfang um ca. 5 % zulegen. Mittel- bis langfristig sind wir von der Anlageklasse, auch gerade hinsichtlich des Inflationsschutzes, positiv gestimmt, kurzfristig belasten steigende Zinsen auch den Goldpreis.

Stand: 22.09.2022

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